Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet Tod?
- Angst vor dem Tod?
- Unterschiedliche Wertung
- Sinnloses Töten ist schlimm
- Verschiedene Auffassungen
Tod (© sudok1 – stock.adobe.com)
Der Tod meint den Endzustand eines lebendigen Organismus (des Lebendigen, nicht des Lebens!), der durch überwiegendes bzw. vollständiges Verlöschen der Lebensfunktionen gekennzeichnet ist.
Was bedeutet Tod?
Das Verlöschen kann sowohl einen einzelnen Organismus als auch mehrere (verschiedene) betreffen. Der Tod weist auf die Endlichkeit der Existenz aller grundlegenden Organisationsformen des Lebendigen hin. Wir sagen: ein toter Mensch, ein totes Tier, aber auch: ein toter Wald (z. B. nach einem Giftgaseinsatz im Vietnam-Krieg), ein totes Gewässer (gemeint ist hier die Abwesenheit von Lebendigem). Tote Organismen bezeichnet man als Aas oder Leichen.
Der Tod tritt nicht – wie häufig zu lesen – plötzlich ein. Es gibt einen Übergang vom lebendigen Zustand zum Tod, der lang sein kann. Die letzte Phase dieses Übergangs ist das Sterben.
Der Tod ist primär ein Naturereignis. Er beruht erstens auf dem Altern der Organismen, die dadurch ein begrenztes Lebensalter, die Lebensspanne, erreichen. Diese Lebensspanne kann zweitens durch Krankheit verkürzt werden. Schließlich kann drittens ein Organismus im Nahrungserwerb den Tod erleiden.
Das Ergebnis des Todes ist tote Materie. Sie darf beim Betrachten der objektiven Realität nicht mit der nichtlebenden Materie verwechselt werden. Aus nichtlebender Materie entstand in der biotischen Evolution im Prozess der Lebensentstehung (Biogenese) lebende Materie. Aus dieser wird in ihrer Eigenentwicklung tote Materie; d. h. alle tote Materie hat vor dem Tod gelebt. Bei nichtlebender Materie ist das nicht der Fall. Der Zusammenhang zwischen nichtlebender und toter Materie besteht darin, dass letztere in der Mineralisation durch Bakterien in nichtlebende Materie überführt wird.
Angst vor dem Tod?
Der Mensch ist als einziges Lebewesen in der Lage, die Endlichkeit individuellen Lebens und damit den Tod zu erfassen. Er kann über den Tod nachdenken. Im Laufe ihrer Existenz hat die Menschheit eine Vielzahl von Denkresultaten und Handlungen hervorgebracht, die den Tod betreffen.
Es gibt verbreitet eine Angst vor dem Tod. Man vermeidet es tunlichst, über den Tod nachzudenken, vor allem im jüngeren Lebensalter. Das ist insofern richtig, als hiermit meist eine positive, der Zukunft zugewandte Lebenseinstellung verbunden wird. Lebenswille und Todesbewusstsein müssen sich nicht zwangsläufig ausschließen. Die Angst vor dem Tod ist häufig mit einer Angst vor dem Sterben verknüpft. Eine solche Haltung führt mitunter zu einer Mystifizierung oder Verklärung des Todes. Diese drückt sich u. a. in unserer Sprache aus. Wir sagen nicht einfach: Ein Mensch ist tot, sondern: er ist verschieden, aus dem Leben gegangen, entschlafen, er hat uns für immer verlassen, oder wir sprechen vom Ableben eines Menschen. Auch die bildliche Darstellung des Todes als wandelndes Skelett mit Sense wäre hier einzuordnen.
Die Angst vor dem Tod kann auch mit Vorstellungen von Unsterblichkeit verbunden sein. Diese ist in der Fortpflanzung durch die Weitergabe von Erbmaterial potentiell vorhanden und wurde von August Weismann in der Keimplasma-Theorie ausgedrückt. Die religiöse Vorstellung der Trennung von Leib und Seele enthält die Auffassung, dass nur der Leib den Tod erleide, die Seele hingegen unsterblich sei.
Eine andere Version ist die Ansicht, dass es ein Weiterleben nach dem Tod gibt, dass der Tote wieder aufersteht. Sie hat tiefe historische Wurzeln, die in einer bestimmten Bestattungskultur ihren Niederschlag fand. In das Grab wurden neben der Leiche Beigaben gelegt, zu denen auch Nahrungsmittel gehörten, die dem Wiederauferstandenen die ersten Schritte ins neue Leben ermöglichen sollten.
Unterschiedliche Wertung
Der Tod hat für Menschen eine besondere Bedeutung. Sie erleben ihn bei anderen Organismen, aber nie an sich selbst. Dabei wird der Tod als Ereignis einer unterschiedlichen Wertung unterzogen.
Der Verhaltensbiologe Konrad Lorenz hat das recht vorsichtig ausgedrückt: „Wer da als Naturforscher um jeden Preis ‘objektiv’ bleiben und sich dem Zwange des ‘Nur’-Subjektiven um jeden Preis entziehen will, der versuche einmal – natürlich nur im Experiment des Denkens und der Vorstellung – , hintereinander eine Salatpflanze, eine Fliege, einen Frosch, ein Meerschweinchen, eine Katze, einen Hund und schließlich einen Schimpansen vom Leben zum Tode zu befördern.
Er wird innewerden, wie verschieden schwer ihm diese nach verschiedenen Organisationshöhen abgestuften Morde fallen!“ (S. 214)
Der Tod kann Trauer hervorrufen. Trauer wird im Verhalten sichtbar, durch Depressionen, Klagen, Weinen, Vernachlässigen der eigenen und anderer Personen, durch das Tragen von Trauerkleidung. Bei manchen Vögeln und Säugetieren ist beim Tod des Partners ein adäquates Verhalten zu beobachten, das als Trauer deutbar wäre.
Die Menschen haben es gelernt, mit dem Tod umzugehen. Sie sind z. B. in der Lage, den Tod von Organismen hinauszuzögern, durch spezielle Fürsorge und medizinische Maßnahmen. Da sich die Lebensbedingungen eines beträchtlichen Teils der Menschen im Verlaufe ihrer Geschichte verbessert haben, tritt der Tod beim einzelnen später ein als vor Jahrhunderten; die durchschnittliche Lebenserwartung erhöhte sich.
Menschen sind in der Lage, andere Menschen und alle anderen Organismen zu töten. Hier wird der Tod von Menschen gebracht, bewusst oder unbeabsichtigt. Damit hört der Tod auf, nur Naturereignis zu sein. Für das Töten gibt es die unterschiedlichsten Motivationen: Das Sammeln und Ernten von Pflanzen sowie das Erlegen und Schlachten von Tieren für die Ernährung und das Gewinnen von Naturrohstoffen, das Regulieren von Biozönosen (z. B. Entbuschen, Jagd und Fang von Tieren).
In manchen Berufen ist das Töten unumgängliches Tätigkeitsmerkmal, z. B. bei Bauern, Fleischern und Tierärzten. Aber Menschen bringen auch andere Menschen zu Tode im Kampf um Macht, Reichtum und Besitz; sie töten sich als Konkurrenten und aus Angst ums Überleben. Menschen bekommen Feindbilder als Tötungsmotive vermittelt, z. B. „Homo homini lupus“ (Der Mensch ist des Menschen Wolf). Dadurch rechtfertigen sie den bewusst und planmäßig vollzogenen Tod anderer Menschen, auch das Töten auf Befehl. Manche Menschen befällt ein „Lust“ zum Töten (z. B. im Amoklauf) oder das Töten ist Ersatzhandlung („Pferdemörder“). Der Leser möge hier die Tötungsmotive selbst werten.
Sinnloses Töten ist schlimm
Sehr schlimm ist das sinnlose, gedankenlose Töten von Organismen. Hierfür gab uns der Psychologe Ludwig Klages (1913) eindrucksvolle Beispiele: „... so ist die Rodung der Urwälder nackter Frevel. – Die Italiener fangen und morden auf grausame Weise alljährlich Millionen an ihren Küsten erschöpft einfallender Zugvögel; und was sie davon selbst nicht verspeisen, das füllt ihre Beutel durch Ausfuhr nach England und Frankreich... Noch weit grauenvollere Verheerungen richtet die Mode an, will sagen die Gewinnlust einiger Schneider und Händler... Der unmenschliche ‘Jäger’ reißt den gefangenen Vögeln die Federn vom Leibe, und die unschuldigen Opfer der Mode müssen die größten Martern erdulden, ehe sie unter krampfhaften Zuckungen den Tod finden.“ (S. 6–7)
Menschen können sich selbst bewusst töten. Sie möchten ihre Lebensspanne eigenverantwortlich bestimmen und sie durch den Tod abschließen. Manche wünschen sich den Tod. Aber die Todesart durch Suizid (lat. sui – seiner selbst, caedere – niederhauen, erschlagen, also sui-cid = Selbsttötung, nicht Selbstmord!) wird allerdings nicht immer freiwillig gewählt, sondern geschieht auch unter moralischem, psychischem und physischem Zwang.
Es gibt Auffassungen, die den Tod als von einem Gott gewollt ansehen. Sie wenden sich gegen jede Beeinflussung des Todeszeitpunktes durch Menschen, insbesondere durch Suizid. Dem 1. Buch Mose des Alten Testaments ist zu entnehmen, dass der dort beschriebene Tod von Adams und Evas Sohn Abel durchaus nicht gottgewollt war: „Und es begab sich, da sie auf dem Felde waren, erhob sich Kain wider seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.“ (1. Mose 4.8.) Da sprach der Herr zu Kain: „Und nun verflucht seist du auf der Erde ... Unstet und flüchtig sollst du sein auf Erden.“ (1. Mose 4.11.,12.)
Verschiedene Auffassungen
Die Frage: Unter welchen Bedingungen ist ein Mensch als tot anzusehen? hat noch immer keine endgültige Antwort gefunden. Diese ist aber wesentlich für das Bestimmen des Zeitpunktes, von dem an dem Toten Organe entnommen werden können (Organspende). Hier muss unterschieden werden zwischen dem Hirntod und dem klinischen Tod. Beim Hirntod sind die Hirnfunktionen irreversibel ausgefallen, während die übrigen Körperfunktionen zumindest zum Teil noch ablaufen (z. B. Koma) oder mit Medizintechnik aufrecht erhalten werden. Beim klinischen Tod sind sämtliche Lebensfunktionen erloschen. Eine Organspende ist nur vor dem klinischen Tod möglich. Damit zusammenhängend gibt es eine Reihe medizinischer und rechtlicher Probleme, die noch zu lösen sind.
Der Tod von Menschen wird rechtlich und politisch beurteilt. Wir sprechen von Mord, Ermordung, Totschlag, Anschlag auf das Leben, Attentat. Ein bestimmtes Todesereignis kann – bestimmt durch die gesellschaftliche Stellung der Beurteilenden – eine sehr unterschiedliche Wertung erfahren.
Literatur: Klages, L.: Mensch und Erde. – Stuttgart: Kröner, 1973. – Körner, U.: Vom Sinn und Wert menschlichen Lebens. – Berlin: Dietz, 1986. – Lorenz, K.: Das sogenannte Böse. – München: dtv, 1977.
Autor: Jan Bretschneider
Quelle: Erstveröffentlichung im Lexikon freien Denkens, Angelika Lenz Verlag 2000
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